Internet in Stadt und Land: Schließen die neuen Angebote die DSL-Lücken?


Die neue Übertragungstechnik LTE soll Breitband auch an den entlegensten Orten ermöglichen und die Übertragungsraten in bereits versorgten Orten verbessern. Doch ein Vergleich mit aktueller DSL‐Technik zeigt, die neue Funk‐Technik steckt noch in den Kinderschuhen.

„Lederhose und Laptop“ damit machte Edmund Stoiber und die CSU um die Jahrtausendwende Wahlkampf. Dass zu jedem Computer heutzutage auch ein leistungsfähiger Internetanschluss gehört, hat man damals noch nicht im Blick gehabt. Und so beherrschte das Thema schnelles Internet, in den ländlichen Regionen, in den letzten Jahren Politik und Bürger, besonders hier in Bayern. Erst durch massiven Druck von Gemeinden, Unternehmen und Dorfbewohner wurde eine Breitbandinitiative von der Bundesregierung ins Leben gerufen, die sich zum Ziel setze bis Ende 2010 flächendeckend leistungsfähige Breitbandanschlüsse verfügbar zu machen.

Allerdings nur mit einer sehr geringen Übertragungsgeschwindigkeit von 1 Mbit/s (Megabit pro Sekunde). In mehreren Schritten soll dann bis 2014 für 75 Prozent der Haushalte Anschlüsse mit Übertragungsraten von mindestens 50 Mbit/s zur Verfügung stehen, mit dem Ziel, solche hochleistungsfähigen Breitbandanschlüsse möglichst bald flächendeckend verfügbar zu machen.

Regionaler Netzwerkspezialist gegen die großen Telekommunikationsanbieter

Während die großen Telefon‐ und Internetanbieter wie die Telekom, Vodafone oder O2 dabei einen Ausbau mit der Funktechnologie LTE (Long Term Evolution) ins Auge fassen, wagte sich in der Oberpfalz und Niederbayern der regionaler Computer und Netzwerkspezialist amplus AG aus Teisnach an den Ausbau des bestehenden Telefonnetzes. Mit moderner DSL‐Technik in den Vermittlungsstellen setzte sich die amplus AG zum Ziel, nicht nur in den bisher gar nicht versorgten Außenbereichen von Städten und Gemeinden DSL anzubieten, sondern DSL auch in den Stadtkernen und Gemeinden zu beschleunigen, wo DSL bisher nur mit einer geringen Geschwindigkeit funktioniert.

Samsung LTE GT B3740, der erste LTE-Surfstick von Vodafone

Amplus setzte dieses Vorhaben sehr zügig durch und versorgt seit Mitte 2010 unter anderem die Städte Cham und Roding inklusive deren Außenbereiche mit DSL‐Anschlüssen. „Wir erreichen jeden Haushalt in den Städten und Gemeinden, in denen wir unsere Technik installiert haben, also auch die Außenbereiche und Orte, die bisher keinen DSL‐Anschluss erhalten konnten. Darüber hinaus erhalten die Haushalte in den Gemeinden und Innenstädten, in denen unsere Technik installiert ist, eine weitaus höhere Bandbreite zu einem günstigeren Preis wie mit dem bisherigen Telekom-Anschluss“, erklärt Markus Wagerer von der amplus AG.

Die Telekommunikationsunternehmen Telekom, Vodafone und O2 hingegen setzten auf die neuste Funktechnik LTE, um die weißen Flecken in der Breitbandversorgung zu schließen. Dazu ersteigerten alle drei Unternehmen Mitte 2010 Frequenzen, die im Zuge der Abschaltung des analogen terrestrischen Fernsehens frei geworden sind. Um Telekom & Co. möglichst schnell zum Ausbau des LTE‐Netzes am Land zu bewegen, dürfen die Netzbetreiber diese Frequenzen erst dann in den Großstädten und Ballungsgebieten verwenden, wenn diese neue Technik einen gewissen Teil der Bevölkerung erreicht, der bisher unterversorgt war. So bietet Vodafone den LTE Dienst etwa schon in Roding und Umgebung an. Dirk Ellenbeck, Pressesprecher von Vodafone: „Unsere Kunden können unseren Dienst mittlerweile in Roding, Bruck in der Oberpfalz und vielen weiteren Orten nutzen. Bis Ende 2011 sollen die weißen Flecken auf der Internet‐Landkarte verschwunden sein. In den bereits versorgten Gebieten erhalten Vodafone Kunden eine Bandbreite bis zu 50 Mbit/s.“ Die Telekom und O2 planen ähnliche Angebote oder haben diese bereits im Angebot.

Grund genug, die Dienste von Vodafone und amplus zu testen und nachzusehen, ob diese halten, was sie versprechen. Vodafone stellte für diesen Test einen USB‐Stick von Samsung zur Verfügung. amplus hingegen stellte Kontakt zu zwei bestehenden Kunden im Vorwahlbereich von Roding her. Einer dieser Kunden befand sich im Stadtkern von Roding, der andere im Außenbereich von Roding. Auch der USB‐Stick von Vodafone wurde einmal in der Innenstadt von Roding getestet und einmal im Außenbereich. Denn auch bei LTE sinkt die verfügbare Geschwindigkeit, umso weiter man von dem Funkturm entfernt ist.

Wie einfach ist die Installation?

Bereits bei der Installation der Technik unterscheiden sich beiden Angebote deutlich. Währende der USB‐Stick von Vodafone einfach an einen Computer angeschlossen wird und die entsprechende Software installiert werden muss, wird bei amplus der Telefonanschluss, der meistens noch über die Telekom läuft, auf amplus umgestellt. Beide Kunden, deren amplus Internetanschluss getestet wurden, bestätigten eine reibungslose Umstellung und Installation des neuen Anbieters. amplus empfiehlt eine sogenannte FritzBox, die mit dem Telefonanschluss verbunden wird und an die dann Computer und Telefon angeschlossen werden. Dies geschieht entweder mittels Kabel oder schnurlos über Wireless LAN (WLAN). Vorteil der amplus Lösung: es können mehrere Computer denselben Internetanschluss benutzen. Allerdings bietet Vodafone auch eine ähnliche Lösung an, die zum Test jedoch nicht verfügbar war. Unterm Strich nehmen sich beide Angebote bei der Installation nicht viel. Wer etwas Ahnung von Computern hat, wird beide Angebote problemlos installieren können. Computer‐Laien werden eventuell Hilfe benötigen. amplus bietet für diesen Fall einen kostenpflichtigen Installationsservice an.

Werden die versprochenen Download‐Raten geliefert?

Beim Geschwindigkeitstest hingegen unterscheiden sich die Angebote von amplus und Vodafone deutlich. Wie oben bereits erwähnt, wurden sowohl LTE von Vodafone als auch DSL von amplus einmal im Stadtkern und ein weiteres Mal im Außenbereich getestet. Zum Testen der maximalen Up- und Download‐Geschwindigkeiten wurde die Webseite www.speed.io verwendet. Diese Messergebnisse sind nicht 100‐prozentig hieb‐ und stichfest. Trotzdem liefern diese Ergebnisse vergleichbare Anhaltspunkte über möglichen Geschwindigkeitsraten beider Angebote.

So lieferte der amplus Anschluss im Stadtkern von Roding spitzenmäßige 80.000 kbit/s (Kilobit pro Sekunde) im Download und 18.000 kbit/s im Upload. Auch die Ping Zeiten von rund 22 ms sind klasse. Diese Ping Zeiten drücken aus, wie lange es dauert, bis ein Signal aus dem Internet am heimischen Telefonanschluss ankommt. Enttäuschend waren hingegen die Downloadraten mit dem LTE Stick von Vodafone in der Innenstadt von Roding. Mehr als rund 6000 Kilobit pro Sekunde konnte an keinem Platz in Roding gemessen werden. Der Upload bewegte sich im selben Bereich, meist etwas darüber. Die Ping Zeiten sind mit 44 ms für eine Funktechnologie, etwa im Vergleich zu UMTS, sehr gut. Zwar sind auch die Up‐ und Download Geschwindigkeiten des LTE‐Sticks für eine Funktechnologie sehr ordentlich, allerdings verspricht das Angebot von Vodafone einen bis zu zehnfachen Wert, nämlich 50 Mbit/s.

Screenshoot eines Geschwindigkeitstest mit einem Vodafone LTE-Stick von Samsung im Stadtkern von Roding und bei gutem LTE-Signal.

Umso verwirrender waren Messergebnisse mit dem LTE‐Stick auf einem Feld im Außenbereich von Roding in der Nähe von Nanzing. Überraschenderweise war die Empfangsstärke laut der Software von Vodafone an dieser Stelle genauso stark wie in Roding selbst, obwohl in Nanzing noch gar kein LTE Empfang existieren sollte. Die Downloadrate betrug dort jedoch über 17.000 Kilobit pro Sekunde, der Upload fast 10.000 Kilobit pro Sekunde. Etwa 250 Meter entfernt von dieser Stelle war das LTE Signal gerade noch vorhanden. Die Downloadrate sank dort auf nur noch 230 Kilobit pro Sekunde. Immerhin betrug der Upload immer noch über 2.000 kbit/s.

Screenshoot eines Geschwindigkeitstest mit einem Vodafone LTE-Stick von Samsung bei schwachem LTE-Signal

Um das DSL Angebot im Außenbereich von amplus zu testen, wurde ein amplus Telefon‐Anschluss in Haid am Bühl benutzt. Diese Siedlung ist etwa 700 Meter Luftlinie von der Stelle entfernt, wo das schwache LTE‐Signal mit rund 230 kbit/s messbar war. In Haid am Bühl selbst kann LTE noch nicht empfangen werden. Haid am Bühl ist einer der typischen weißen Flecken, für die die Breitbandinitiative ins Leben gerufen wurde. DSL, etwa von der Telekom, war und ist hier nicht verfügbar. DSL von amplus ist seit September 2010 in Haid am Bühl erhältlich. Die Testergebnisse lieferten das, was amplus mit seinem Angebot verspricht, nämlich rund 900 kbit im Up‐ und Download. 100 kbit/s sind bei amplus für die Sprachübertragung reserviert.

Wer liefert mehr fürs Geld?

Preis und Leistung der Angebote von Vodafone und amplus lassen sich nicht so einfach vergleichen, da sich die Angebote stark unterscheiden. Der getestete amplus Anschluss in Haid am Bühl etwa kostet rund 40 Euro pro Monat. Darin enthalten ist auch eine Telefonnummer und alle Gespräche in das deutsche Festnetz, sowie eine richtige Internet‐Flatrate ohne Volumenbegrenzung. Das kleinste Angebot von Vodafone kostet nur rund 30 Euro pro Monat. Auch hier ist das Telefonieren mit einer Festnetzrufnummer möglich, als auch alle Gespräche in deutsche Festnetz enthalten.

Der große Unterschied ist die Volumenbegrenzung. Das Vodafone Angebot enthält nämlich nur 5 GB weiteres Datenvolumen, kostet zusätzlich oder man surft mit verringerter Geschwindigkeit. Für einen Gelegenheitssurfer können diese 5 GB zwar ausreichen. Wer jedoch gerne Filme etwa auf YouTube schaut, wird schnell darüber hinaus geraten. Auch benötigen viele Computerprogramme regelmäßige Updates, die schnell die Volumengrenze sprengen. Ein iPhone etwa braucht regelmäßig Updates, die immer rund 0,4 GB groß sind. Mit dem kleinsten Angebot von Vodafone sind auch nicht die angeblich möglichen 50Mbit/s Download mögliche, sondern nur 3,6Mbit/s. Der Upload ist auf 720 kbit/s beschränkt.

Wer in Roding an seinem Standort einen der schnellen 100Mbit/s DSL‐Anschlüsse von amplus erhalten kann, muss dafür monatlich rund 90 Euro bezahlen. Auch hier ist wiederum eine Telefonnummer mit allen Gesprächen ins Festnetz und eine echte Internetflatrate enthalten.

Das größtmögliche LTE‐Angebot von Vodafone kostet rund 70 Euro im Monat und soll bis zu 50Mbit/s im Download übertragen, sowie bis zu 10Mbit/s im Upload. Wie der Geschwindigkeitstest jedoch ergab, ist es sehr fraglich, ob diese Downloadraten wirklich möglich sind. Telefonnummer und Gespräche ins Festnetz sind ebenfalls bereits inkludiert. Die Internetflatrate ist jedoch auf ein Volumen von 30 GB begrenzt.

Fazit

Ohne den regionalen Anbieter amplus gäbe es auch heute noch viel mehr Lücken in der Breitbandversorgung in der Oberpfalz und Niederbayern. Das Versprechen von den großen Mobilfunkbetreibern Telekom, Vodafone und O2, mittels LTE die Lücken schnell zu schließen, ist noch lange nicht erfüllt. Diese neue Technik scheint noch in den Kinderschuhen zu stecken. Auch sollte man beachten, dass die hohen Download‐Raten, mit denen die LTE‐Anbieter werben, für die gesamte Zelle gelten. Im Detail heißt das: Wenn 10 Personen mit LTE gleichzeitig in der Rodinger Mobilfunkzelle internetsurfen, teilten sich diese Personen die aktuell verfügbare Download‐Rate und jeder surft nur noch mit 5 Mbit/s. Auch bietet das getestete LTE‐Angebot von Vodafone keine echte Internetflatrate, sondern nur eine Volumen-begrenzte. Auch deshalb ist das Angebot von amplus, besonders in Innenstädten, das Bessere. In wenigen Außenbereichen, wo nur DSL mit 1 Mbit/s verfügbar ist, aber LTE bereits funktioniert, kann man mit dem Vodafone Angebot jedoch durchaus bessere Ergebnisse erzielen. Um herauszufinden, ob LTE an einem Standort funktioniert, sollte man sich gut informieren, etwa auf der Webseite von Vodafone. Sonst kann es zu bösen Überraschungen kommen und man sitzt zwar mit der Lederhose vor dem Laptop, aber wieder ohne Internet.

Categories: Lifehacks, Technologie
Michael

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2 thoughts on “Internet in Stadt und Land: Schließen die neuen Angebote die DSL-Lücken?”

  1. Was mich am meisten an fast allen Angeboten stört ist das limitierte Volumen. Was bringt es mir, dass die Verbindungen immer schneller werden wenn das nur dazu führt, dass ich meine Grenze früher erreiche.

  2. in der tat, das große problem bei lte sind die geringen inkludierten datenvolumina. bei vodafone hat man wenigstens noch die auswahl zwischen verschiedenen tarifen mit bis zu 30gb monatlich. bei der telekom schaut es sogar noch schlechter aus, hier gibt es aktuell nur einen tarif. allerdings glaube ich wird sich das ändern wenn die telekom lte in den ballungszentren startet. letztendlich müssen die telekommunikationsriesen so handeln, sonst würden sie sich ihr eigenes dsl-geschäft kaputt machen!

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